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DAY THREE / Von Klang, Butter und Perfektion - ein Gespräch mit Christian Bethge

Es ist nasskalt und windig, als wir auf das riesige Gelände fahren, auf dem wir Chris treffen sollen. Wir parken unsere Autos neben imposanten Industrieanlagen und suchen im Nieselregen den Eingang zum RAMA Studio. Kein Türschild, keine Wegbeschreibung auf der Homepage. Natürlich nicht. Kein Unbefugter muss wissen, wo sich das Studio genau befindet. Als Versicherer freut uns diese professionelle Vorsicht. In diesem Augenblick fluchen wir trotzdem.

Letztlich kommt uns Chris über den Hof entgegen. Gemächlich, eingepackt in eine dicke, braune Jacke winkt er uns, ihm zu folgen. Er schließt die Eingangstür und die nasskalte Welt hinter uns aus. Ruhe. Toll.

Über enge Treppen und Gänge, vollgestellt mit Gerümpel und Industriezeugnissen vergangener Tage, gelangen wir an die schwere Studiotür. Bisher deutete nichts darauf hin, dass in diesem alten Butterfabrik-Gebäude Musik aufgenommen wird. Chris öffnet die Tür und das Bild ändert sich schlagartig. Ein unfassbar großer, warm beleuchteter Raum liegt vor uns. Chaotisch auf den ersten Blick. Einladend chaotisch auch auf den zweiten. Uns gegenüber eine Wand aus Amps; zur linken eine Gruppe aus Bandmaschinen, Pulten und Orgeln; zur rechten eine Regalwand voller Pedale, Synthesizer und Mikrofonen. Dazwischen immer wieder Kabel und Stative. Equipment so weit das Auge reicht. Wir sind im Himmel. Chris grinst: „Willkommen im Rama-Studio!“

Wir interviewen Chris vor der eindrucksvollen Verstärker-Wand. Dieser Typ mit Wuschelhaar und Rundbrille, der Klang und Atmosphären mehr liebt als Perfektion, ist so sympathisch wie nerdig und knochentrocken im Humor. Wir hingegen sind oft bis zur letzten Sekunde seiner Aussagen nicht sicher, ob er Dinge ernst meint oder grundironisch. In knappen Sätzen erzählt er uns, wie er über die Jazzplatten seines Opas zur Musik kam. Warum er den Klang alter Studiotechnik so liebt und wie er als passionierter Sammler analoger Studiotechnik im Internet auf die Pirsch geht. Dass er manchmal mehrere Jahre im Netz stöbern muss, bis er das begehrte Teil in gewünschtem Zustand kaufen kann und was ihn bei live-Aufnahmen im Studio fasziniert. (Post) Punk Bands wie Gewalt und French Nails nehmen bei ihm auf, ebenso wie die Sängerin Laura Carbone.

Wie seine Freundin seiner Sammelleidenschaft gegenüberstünde, fragen wir. „Meine Freundin ist Fotografin, die versteht das mit der Technik-Leidenschaft gottseidank ganz gut. Aber mal wieder in den Urlaub fahren, fände sie sicher auch mal wieder okay.“, räumt er ein.

Wir müssen gehen. Gleich kommt eine Punk Band, die sich im Studio eingemietet hat. Da sein Partner die Produktion betreut, haben wir noch etwas Zeit mit Chris und begleiten ihn auf eine der verlassenen amerikanischen Militärbasen der Stadt. Er will dort Locations für bevorstehende Produktionen scouten.

In einer leerstehenden Lagerhalle („Super! Hier will ich was machen!“) redet er sich auf die Frage nach dem Thema Versicherung warm. „Feuer. Diebstahl. Wasserrohrbruch. Ich hab nachts manchmal Albträume von sowas.“ Nach einer kurzen Pause fügt er an: „Jetzt hab' ich voll Bock mich zu versichern!“ Er lacht. Wir auch. Wieder so eine Aussage, bei der wir uns nicht ganz sicher sind.

Bis ein paar Wochen nach dem Dreh unser Telefon klingelt. Chris ist dran: „Ey, ich hatte heute Nacht wieder einen krassen Albtraum. Können wir reden?“

Gerne doch.

Infos zum Rama Studio: www.rama-studio.com

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