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Laura Carbone/ Auf Tour mit INVSN– Tourdiary No. 1

Die Schwedische Band INVSN ist mit ihrem Album "The Beautiful Stories" derzeit weltweit auf Tour. Bei 11 Tourdaten in Deutschland als Support mit dabei: unser Markengesicht Laura Carbone. Für I'M SOUND hält die Mannheimer Musikerin ihre ganz eigenen "Beautiful Stories" in einem exklusiven Tourdiary fest.   

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Wir sind „On the Road“ - für fast zwei Wochen - ich kenne das Spiel seit Jahren: Packen, reisen, ankommen, auspacken, Soundcheck, Konzert spielen, einpacken, weiterfahren. Eine Routine habe ich trotzdem nicht. 

Bereits im Vorfeld weiß ich, dass diese zwei Wochen voller neuer Erfahrungen sein werden. Eine fast neue Band wird mich begleiten, wir spielen überwiegend neue Songs. Es gibt keinen Bus, keinen Fahrer, keinen Tourmanager, keinen Techniker. Wir reisen Low Budget in einem mir überlassenen Familienwagen - „the italian dad’s car“. Wir schlafen in Airbnbs, ich bin der Chauffeur, wir schaffen Soundchecks in teilweise 5 Minuten. Unser Tourmotto wird „in der Ruhe liegt die Kraft“ sein. 

Wir begleiten die aus Schweden stammende Band INVSN um Dennis Lyxzen, die mich auf und abseits der Bühne einiges lehren wird. „Never fall in love - it will kill your creativity.“ - Die erste Weisheit, die Dennis mir ans Herz legt. „Looking forward to the heartbreak“, meine kurze Antwort.

Hamburg wird die erste Show sein. Autobahn aus Richtung Berlin. Ich fahre, während Chris Isaak’s „Wicked Games“ mich in die Tour träumen lässt. Ich werde geblitzt und bin plötzlich wieder in der Realität. Meine Band wird in Hamburg komplett sein, mein Gitarrist Jan und meine Schwester Lisa, die sich um den Merch kümmern wird, reisen mit der Bahn aus Mannheim an. 

Die erste Vorstellungsrunde mit INVSN ist schüchtern, aber sehr herzlich und wir fühlen uns willkommen. Soundcheck - Show, es geht alles sehr schnell und ehe ich mich richtig umsehe, sitzen wir schon wieder im Auto. Die erste Show in der neuen Formation nun hinter uns - Erleichterung…

Schon in Berlin realisierten wir, dass mein Auto eventuell zu klein ist - nach der Show in Hamburg dann die Gewissheit und eingeschlafene Füße und Arme bei den Leuten auf dem Rücksitz. Es scheint zur Tradition zu werden, dass wir nach den Hamburg Shows weiter nach Berlin fahren. Fast schon ein Running Gag wie schrecklich diese Fahrt nach einer Show ist, trotzdem tun wir es immer wieder.

Berlin. „Warum schon so früh in der Tour?“, denke ich mir. Shows in der Stadt machen mich nach wie vor sehr nervös. Ein hoch professioneller Soundcheck in 5 Minuten mit dem hervorragenden Haustechniker ändern nichts daran, ebenso wenig die zwei Gläser Wein, die ich anstelle eines Abendessens zu mir nehme. Wir spielen ein gutes zweites Set und ich sehe zum ersten Mal die Show von INVSN und bin sehr angetan von Sound, der gesamten Band und Dennis’ Performance. Ich werde mir auch die kommenden Shows ansehen und mich jedes Mal kaum wegreißen können von der Intensität der Musiker. 

Berlin verleitet mich zu einem Anfängerfehler, den ich eigentlich doch schon längst durchschaut habe…

Nürnberg - Hangover calling. Zu wenig geschlafen, zu wenig Wasser getrunken. Anfängerfehler. Aber warum ist Berlin auch die zweite Stadt der Tour? Ich nehme mir vor bis nach dem Off Day nichts zu trinken. Es wird mir gelingen. Unser Autoproblem lösen wir auf dem Weg nach Nürnberg übrigens durch eine Mitfahrgelegenheit - ab Nürnberg werden wir ein zweites Auto haben. Crazy.

Nach Stunden langer Autofahrt erreichen wir den Club sehr pünktlich. Soundcheck, wir haben keine Zeit zum Essen und spielen nur Minuten später noch vor acht Uhr unsere dritte Show. Wir werden eingespielter, schönes Gefühl, keine langen Pausen zwischen den Songs, ein gutes Set. Danach stehe ich auf einer Erhöhung, schaue INVSN an und bin wieder angetan von der Energie, die von der Bühne kommt. Angetan davon, was diese im Publikum auslöst und reflektiert wird. Wie Männer und Frauen (überwiegend Männer) an Dennis’ Lippen hängen, wenn er redet, wie sie die Musik aufsaugen, wenn er performt.

Wir werden in einer Musikerwohnung direkt über dem Club in Stockbetten übernachten. Ich bekomme Ohrstöpsel geschenkt, die mit die wertvollsten Gegenstände meines Gepäcks werden. Neben dem Trockenshampoo. 

Hameln, Autumn Moon - Gothic Festival. Na endlich! Vor zwei Jahren spielten wir bereits das Festival und ich hatte es seither in wunderbarer Erinnerung. Das Publikum, ein Augenschmaus im schönsten Sinne. Wir werden auf einem Schiff spielen und bekommen kurz vor unserer Show gesagt, dass das Drumkit für die Hauptbühne abgezogen werden muss - entweder wir spielen mit elektronischem oder eben ohne Schlagzeug. Wir entscheiden uns für das elektronische Schlagzeug und den 80s Phil Collins Vibe. In der Ruhe liegt die Kraft. 

Das Schiff füllt sich und wir spielen ein Set vor einem höchst aufmerksamen und liebevollen Publikum gespickt mit Piraten, Wikingern und Mittelalterwesen. 

Nach der Show sitzen wir im Catering, es gibt veganes Curry und Linsenbolognese dazu zwei Flaschen Wein als „Entschuldigung“ der Veranstalter. „Sorry mit dem E-Drumkit, das tut uns wirklich leid, bitte seid nicht sauer.“ „Wie lieb“, denke ich mir, während wir über den dazugehörigen Mittelaltermarkt unterm Sternenhimmel flanieren und ein Sensenmann kurz im Gleichschritt neben mir läuft. 

Eine Stunde Fahrtzeit bringt uns zu Gerlinde’s Airbnb nach Hildesheim, welches auf dem Weg zur nächsten Show in Leipzig ist. 

Leipzig. Wir erwachen in Hildesheim bei strahlendem Sonnenschein und trinken unseren Kaffee auf dem Balkon. Wir richten die Gitarren, neue Saiten, Kabel checken, über Feinheiten des Sets reden. Ich fühle mich zum ersten Mal müde vom Autofahren und bin froh mich an mein mir selbst auferlegtes Trinkgebot gehalten zu haben. 

Die Show in Leipzig wird schön werden, wir sind eingespielt, denke ich mir. Wir spielen nun miteinander und nicht nur die Songs. Schön. Licht und Sound sind wie immer in der Moritzbastei ein Traum und machen auch die Show von INVSN noch wirkungsvoller. Dennis redet über Social Media als Band, dass Plattenfirmen ihnen ankreiden, ihr Inhalt sei nicht stark genug. Charmant macht er das - mit Witz und ohne Überheblichkeit. Wie kann man überhaupt auf der Bühne mehr als „Hallo, Danke, Ciao“ sagen denke ich mir bestimmt zum zehnten Mal seit Tagen. Ich lerne wieder.

Off Day. Hallelujah. Die erste fünf-Tage-Woche ist beendet und wir haben frei. Unsere Unterkunft liegt geografisch geschickt zwischen Leipzig und München: Nürnberg. Jeder macht, was ihn entspannt. Brodie kocht, Jan und Jeff arbeiten, Lisa und ich gehen in die Therme.  In der Ruhe liegt die Kraft. Mein Abend wird ausklingen mit Nina Simone, einem Glas Wein und diesen Zeilen. 

 

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